Historia wymaga pasterzy, nie rzeźników.

Ja, in solchen Fällen
wurden die unangenehmen Wahrheiten geradezu in die breite Masse hinausgeschrien, während man
sonst viele Dinge lieber schamhaft verschwieg, ja zum Teil einfach ableugnete. Dies war der Fall, wenn
es durch die offene Behandlung einer Frage vielleicht zu einer Besserung hätte kommen können. Dabei
verstanden die maßgebenden Stellen der Regierung soviel wie nichts vom Werte und vom Wesen der
Propaganda. Daß durch kluge und dauernde Anwendung der Propaganda einem Volke selbst der
Himmel als Hölle vorgemacht werden kann und umgekehrt das elendeste Leben als Paradies, wußte nur
der Jude, der auch dementsprechend handelte; der Deutsche, besser seine Regierung, besaß davon keine
blasse Ahnung.
Am schwersten sollte sich dies während des Krieges rächen.
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Allen hier angedeuteten und zahllosen weiteren Schäden im deutschen Leben vor dem Kriege standen
auch wieder viele Vorzüge gegenüber. Bei einer gerechten Prüfung muß man sogar erkennen, daß die
meisten unserer Gebrechen zum größten Teile auch die anderen Länder und Völker ihr eigen nannten, ja
in manchen uns noch weitaus in den Schatten stellten, während sie viele unserer tatsächlichen Vorzüge
nicht besaßen.
An die Spitze dieser Vorzüge kann man unter anderem die Tatsache stellen, daß das deutsche Volk unter
fast allen
{303 Repräsentanten des alten und neuen Regiments}
europäischen Völkern sich immer noch am meisten den nationalen Charakter reiner Wirtschaft zu
bewahren versuchte und trotz mancher bösen Vorzeichen noch am wenigsten der internationalen
Finanzkontrolle unterstand. Allerdings ein gefährlicher Vorzug, der später zum größten Erreger des
Weltkrieges wurde.
Sieht man von dem und vielem anderen aber ab, so müssen drei Einrichtungen aus der Unzahl von
gesunden Kraftquellen der Nation herausgenommen werden, die in ihrer Art als mustergültig, ja zum
Teil unerreicht dastanden.
Als erstes die Staatsform an sich und die Ausprägung, die sie im Deutschland der neuen Zeit gefunden
hatte.
Man darf hier wirklich von einzelnen Monarchen absehen, die als Menschen allen Schwächen
unterworfen waren, die diese Erde und ihre Kinder heimzusuchen pflegen — wäre man hier nicht
nachsichtig, müßte man sonst an der Gegenwart überhaupt verzweifeln: sind doch die Repräsentanten
des jetzigen Regiments, gerade als Persönlichkeit betrachtet, wohl das geistig und moralisch
Bescheidenste, das man sich selbst bei langem Nachdenken auch nur vorzustellen vermag. Wer den
"Wert" der deutschen Revolution an dem Werte und der Größe der Personen mißt, die sie dem
deutschen Volke seit dem November 1918 geschenkt hat, der wird sein Haupt verhüllen aus Scham vor
dem Urteil der Nachwelt, der man nicht mehr das Maul wird verbinden können durch Schutzgesetze
usw., und die deshalb das sagen wird, was wir ja doch alle schon heute erkennen, nämlich, daß Gehirn
und Tugend bei unseren neudeutschen Führern im umgekehrten Verhältnis stehen zu ihren Mäulern und
Lastern.
Gewiß war die Monarchie vielen, dem breiten Volke vor allem, entfremdet. Das war die Folge der
Tatsache, daß die Monarchen nicht immer von den — sagen wir — hellsten und besonders nicht von
aufrichtigsten Köpfen umgeben waren. Sie liebten leider zum Teil die Schmeichler mehr als die geraden
Naturen, und so wurden sie auch von diesen "unterrichtet". Ein sehr schwerer Schaden in
{304 Psychologische Fehler des alten Regiments}
einer Zeit, in der die Welt einen großen Wandel in vielen alten Anschauungen durchgemacht hatte, der
natürlich auch nicht vor der Beurteilung mancher althergebrachten Überlieferungen der Höfe
haltmachte.
So konnte um die Jahrhundertwende der gewöhnliche Mann und Mensch keine besondere Bewunderung
mehr finden für die an der Front in Uniform entlang reitende Prinzessin. Über die Wirkung einer solchen
Parade in den Augen des Volkes konnte man sich anscheinend gar keine richtige Vorstellung machen,
denn sonst wäre es zu so unglücklichen Auftritten wohl nie gekommen. Auch die nicht immer ganz
echte Humanitätsduselei dieser Kreise wirkte eher abstoßend als anziehend. Wenn zum Beispiel die
Prinzessin X. geruhte, die Kostprobe in einer Volksküche mit dem bekannten Resultat vorzunehmen, so
konnte das früher vielleicht ganz gut aussehen, damals aber war der Erfolg ein gegenteiliger. Es kann
dabei ohne weiteres angenommen werden, daß die Hoheit wirklich keine Ahnung davon besaß, daß das
Essen am Tage ihrer Prüfung eben ein klein wenig anders war, als es sonst zu sein pflegte; allein es
genügte vollkommen, daß die Leute dies wußten.
So wurde die möglicherweise beste Absicht lächerlich, wenn nicht gerade aufreizend.
Schilderungen aber die immer sprichwörtliche Genügsamkeit des Monarchen, sein viel zu frühes
Aufstehen sowie sein förmliches Schuften bis in die späte Nacht hinein, noch dazu bei der dauernden
Gefahr seiner drohenden Unterernährung, riefen doch sehr bedenkliche Äußerungen hervor. Man
verlangte ja gar nicht zu wissen, was und wieviel der Monarch zu sich zu nehmen geruhte; man gönnte
ihm schon eine "auskömmliche" Mahlzeit; man war auch nicht darauf aus, ihm etwa den nötigen Schlaf
verweigern zu wollen; man war zufrieden, wenn er nur sonst als Mensch und Charakter dem Namen
seines Geschlechtes und der Nation Ehre bereitete und als Regent seine Pflichten erfüllte. Das
Märchenerzählen nützte nur wenig, schadete aber dafür um so mehr.
Dieses und vieles Ähnliche waren aber doch nur Kleinig-
{305 Die Stabilität der monarchischen Staatsform}
keiten. Schlimmer wirkte sich in leider sehr großen Teilen der Nation immer mehr die Überzeugung aus,
das man ohnehin von oben regiert werde und der einzelne sich mit. hin auch um nichts weiter zu
kümmern habe. Solange die Regierung wirklich gut war oder doch wenigstens das Beste wollte, ging die
Sache noch an. Aber wehe, wenn einmal an Stelle der an sich Gutes wollenden alten Regierung eine
neue, weniger ordentliche, treten sollte, dann waren die willenlose Fügsamkeit und der kindliche Glaube
das schwerste Unheil, das man sich nur auszudenken vermochte.
Allen diesen und vielen anderen Schwachen aber standen unbestreitbare Werte gegenüber.
Einmal die durch die monarchische Staatsform bedingte Stabilität der gesamten Staatsleitung sowie das
Herausziehen der letzten Staatsstellen aus dem Trubel der Spekulation ehrgeiziger Politiker. Weiter die